Am Ende des Winters: Roman (German Edition) by Silverberg Robert

Am Ende des Winters: Roman (German Edition) by Silverberg Robert

Autor:Silverberg, Robert [Silverberg, Robert]
Die sprache: deu
Format: epub
Herausgeber: E-Books der Verlagsgruppe Random House GmbH
veröffentlicht: 2014-02-24T23:00:00+00:00


An einem kühlen klaren Wintertag, als der letzte Sturm seine Wut gen Osten ausgetobt hatte und der nächste noch nicht von der westlichen See herangefegt kam, machte Hresh sich erneut auf, um das hässliche abstoßende Gebäude, das er »die Zitadelle« getauft hatte, zu erforschen. Der Vorschlag stammte von Taniane, und sie begleitete ihn. Seit kurzem hatte sie es sich zur Gewohnheit gemacht und war auf viele seiner Exkursionen mitgegangen. Koshmar schien derzeit nichts dagegen zu haben, wenn er ohne einen Krieger zu seinem Schutz in den Ruinen umherstreifte. Und Hresh hatte Tanianes Beitritt zu der Gruppe der Sucher rasch schätzen gelernt. Zwar war immer noch etwas an ihr, das ihm Unbehagen bereitete und ihn verunsicherte, wenn er zu dicht in ihrer Nähe weilte, doch zugleich spürte er ein merkwürdig albernes Vergnügen, wenn er mit ihr allein die entfernteren Bezirke der Stadt durchstreifte.

Hresh hatte eigentlich nicht zur Zitadelle zurückkehren wollen. Er meinte jetzt zu wissen, worum es sich da handelte, und er fürchtete sich vor der Bestätigung, dass seine Vermutung richtig sei. Das seltsame Bauwerk jedoch faszinierte Taniane, und sie bettelte und bohrte immer wieder, bis er ihr endlich nachgab. Und nachdem er einmal dazu entschlossen war, entschied er sich dafür, dem Geheimnis der Zitadelle auf den Grund zu kommen, und sei es mit Gewalt, was immer auch die Folgen davon sein würden. Sag ihr nichts, sondern lass sie selbst sehen. Sie soll ihre eigenen Schlussfolgerungen ziehen. Vielleicht, dachte er, ist die Zeit gekommen, ein Stück der schrecklichen Wahrheit mit jemandem zu teilen, die ich in mir verschließe. Und vielleicht war Taniane genau die richtige Person dafür.

Der Pfad zur Zitadelle war schwierig und bestand aus grauen Steinplatten, die von der Zeit und den Erdbeben in alle Richtungen verschoben waren und die während der Winterregen von einer dichten pelzigen Schicht glitschiger grüner Algen überwuchert waren. Zweimal rutschte Taniane aus und Hresh musste sie abfangen, einmal am Oberarm, das andre Mal beim Schenkel und dem Kreuz; und jedes Mal brannten ihm von der Berührung die Finger ganz seltsam. Und in den Lenden und in seinem Sensororgan rührte sich etwas. Er ertappte sich über dem Wunsch, sie möchte noch ein drittes Mal ausrutschen, aber sie tat es leider nicht.

Dann waren sie oben und traten auf die Felszunge, auf der die Zitadelle in einsamer Majestät über Vengiboneeza brütete. Hresh überquerte den Teppich des kurzen dichten breitblättrigen Grases, das um den Bau herum wuchs, und trat an die Kante und spähte hinaus. Unermesslich weit breitete sich unter ihm die Stadt und leuchtete in dem fahlen milchigen Winterlicht. Er blickte auf die zerbrochenen weißen Gebäudestümpfe hinab, auf zierliche Schwebebrücken, die zu Trümmerhügeln zusammengesunken waren, auf Straßenläufe aus schimmerndem Stein, durchsetzt von lebhaften Grün- und Blautönen, die sich bis zum Horizont dehnten. Schwer atmend vom Anstieg, stand Taniane dicht bei ihm.

»All dies habe ich gesehen, als es noch lebendig war«, sagte Hresh nach einer Weile.

»Ja. Haniman hat mir davon erzählt.«

»Es war absolut wunderbar. So viele Sachen, die sich gleichzeitig ereigneten, so viele verschiedene Leute, eine solche Energie. Erstaunlich. Und sehr niederschmetternd.



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